Mental Load – unsichtbarer Gedankenstress

Alle Eltern und besonders Mütter kennen es: jene ewig innerlich ratternden Listen mit den Tausend Dingen, die zu bedenken sind. Das Organisieren, Planen und Umsetzen ist ein Vollzeitjob. Das „Dran denken“ und Erinnern ist Arbeit, die keiner sieht. Immer an alles denken zehrt aus und führt zur psychischen Belastung – auch Mental Load genannt.

Inhalte im Überblick

  1. Was versteht man unter „Mental Load“?
  2. Wie kommt es dazu?
  3. Warum sind Frauen häufiger betroffen?
  4. Was kann man dagegen tun?
  5. Wie kann der Gedankenstress verringert werden?

Was versteht man unter „Mental Load“?

Müll runterbringen, ein Brot besorgen, Handtücher wechseln, an die Geburtstagskarte denken, Zahnarzttermin der Tochter nicht vergessen, für das Schulfest muss noch ein Kuchen gebacken werden. Wer denkt an das Geburtstagsgeschenk für den Schwiegervater? Wer macht die Wäsche? Diese „Nebenbei-To-do-Liste“ lässt sich beliebig fortsetzen. „Mental Load“ heißt dieser Zustand, zu deutsch mentale Last. Gemeint ist das gesamte Management aller anstehenden Aufgaben und Tätigkeiten, die das gemeinsame Zusammenleben betreffen. Die mentale Arbeit bleibt im Alltag häufig unsichtbar.

Wie kommt es dazu?

In den meisten Partnerschaften und Familien ist dieses Prinzip so einfach wie verankert: Eine(r) übernimmt die Denkarbeit und kümmert sich um alles. Leider ist das oft unsichtbare Arbeit. Dabei sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Laut einer Studie der Hans Böckler Stiftung verschärfte sich in der Pandemie die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern: Frauen reduzierten häufiger ihre Arbeitszeit, ihr Anteil an der Sorgearbeit nahm noch weiter zu.  Die mentale Last liegt häufiger bei Frauen, sie organisieren den Arbeits- und Familienalltags. Sie planen, nicht nur die eigenen Aufgaben und To-dos, sondern auch noch die der anderen. Eine nicht enden wollende Liste – von außen jedoch kaum sichtbar. Gesehen wird die Spitze des Eisbergs – aufgeräumte Wohnung, gut gefüllter Kühlschrank, beruflich erfolgreich. Was nicht gesehen wird sind die permanenten Gedanken, die in Grübelzwang, Stress und Überlastung ausarten können.

Warum sind Frauen häufiger betroffen?

Eine Frage der Erziehung – Wir sind geprägt von unserer eigenen Erziehung. Ein Blick in die Vergangenheit verrät uns viel über unsere eigenen Rollenmuster. Wie war es früher zu Hause? Vati kam abends von der Arbeit und Mutti hat ihm Abendbrot und zwei bettfertige Kinder dargeboten? Wer solche Rollenmuster in seiner Kindheit hatte, übernimmt später in der eigenen Familie wahrscheinlich ähnliche Muster.

Der persönliche Anspruch – Die Wohnung muss stets aufgeräumt, sauber und vorzeigbar sein, es könnte spontan Besuch kommen. Der Kühlschrank muss gefühlt sein, es darf an nichts fehlen. Wer so einen hohen Anspruch an sich selbst hat, wird kurz- oder langfristig Stress verspüren, denn alles immer perfekt haben zu wollen, strengt an.

„Dann mache ich es eben selbst!“ – es liegt so nahe. Wenn man den Lieblingsmensch ständig erinnern muss dies oder jenes zu erledigen, ist man schneller dran, es eben selbst zu erledigen. Nur, so lernt es der andere nicht.

Was kann man dagegen tun?

Die mentale Last ist durch zwei teilbar. Oft ist dem Partner oder der Partnerin gar nicht klar, dass die Verantwortung zu tragen und „an alles Denken“ ganz schön Gewicht hat. Der erste Schritt mentale Last zu verringern oder sogar zu vermeiden, redet miteinander.

1. Zu Beginn geht es darum, den ganzen Mental Load überhaupt sichtbar zu machen, jede Arbeit, jede Verantwortung. Erstellt eine Liste, mit allen Aufgaben, ihre und seine Aufgaben kommen auf die Liste ( Müll runterbingen, Geschirrspüler ausräumen, Wäsche waschen, Kinder zur Frezeit fahren, Kuchen für den Basar backen, Auto zum TÜV bringen,….).
2. Schreibt dahinter, wie oft das vorkommt (täglich, wöchentlich, monatlich, TÜV alle 2 Jahre, …) und wie lange das dauert. Markiert, wer macht bisher was.

Oft ist beiden Partner gar nicht bewusst, was der andere eigentlich leistet. Indem ihr über die Aufgaben sprecht, wird die Beteiligung von jeder und jedem sichtbar und das gefühlte „Ich tue alles!“ wird eventuell relativiert. Beide tragen viel bei und sehen es nicht. So könnt ihr lernen, das wertzuschätzen, was im verborgenen passiert.

Wie kann der Gedankenstress verringert werden?

Plant gemeinsam die zu erledigenden Aufgaben. Erstellt eine Übersicht mit den Aufgaben der kommenden sieben Tage. Sprecht über die Prioritäten, was ist wem wichtig. Dann wird alles verteilt – und zwar so, dass jeder die Hälfte der Verantwortung abbekommt, bei den täglichen ebenso wie bei den selteneren Aufgaben. Was steht an? Was kann jeder machen? Was ist sinnvoll auf den anderen zu übertragen. Wer kocht, kann die Lebensmittel besorgen, wer Wäsche wäscht und putzt, die entsprechenden Drogerieartikel. Sind die Aufgaben verteilt, kann es losgehen. Auch ältere Kinder können in die Planung mit einbezogen werden.

Eine gerechtere Aufgabenverteilung hat die Macht, die Gesellschaft zu verändern. Je mehr Männer sich mit einbringen, desto mehr wird die unsichtbare Arbeit von vielen Frauen bewusster. Und Kinder erlernen neue Rollenbilder. Sie sehen, welche Aufgaben es im Haushalt gibt, aber nicht welches Geschlecht damit verbunden ist.

Es gibt auch die Möglichkeit, ungeahnte Talente zu entdecken. Vielleicht kann der Mann richtig gut kochen oder auch backen und die Frau ist eine geschickte Handwerkerin. Indem ihr über die gemeinsamen Aufgaben sprecht, sie verteilt und erledigt, trägt jeder zum Familienalltag bei und die Wertschätzung verändert sich, weil nun viel sichtbarer wird, was es alles zu bedenken gibt.

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