Phytoöstrogene in den Wechseljahren: hormonähnliche Wirkung in Lebensmitteln
Phytoöstrogene sind sekundäre Pflanzenstoffe, die eine Struktur und Wirkung aufweisen, die dem körpereigenen Hormon Östrogen ähnlich sind. Daher werden sie auch als pflanzliches Östrogen bezeichnet. Phytoöstrogene scheinen – im Vergleich zu einer Hormonersatztherapie – eine vielversprechende, natürliche Alternative zur Linderung von Wechseljahresbeschwerden zu sein. Sie sollen Symptome wie Hitzewallungen, Osteoporose (Knochenschwund), Stimmungsschwankungen und andere Beschwerden, die typischerweise im Klimakterium auftreten können, lindern. Mit einer abwechslungsreichen Ernährung mit Lebensmitteln, die reich an Phytoöstrogenen sind, kannst Du Deinen Hormonhaushalt unterstützen und die gesundheitlichen Vorteile nutzen. Hier erfährst Du, was Phytoöstrogene genau sind, welche hormonelle und gesundheitliche Wirkung sie entfalten, warum Phytoöstrogene zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden eingesetzt werden und ob sie wirklich eine gute Alternative zu einer Hormontherapie sind. Neben einer phytoöstrogenreichen Ernährung verraten wir Dir außerdem, in welchen Heilpflanzen reichlich Phytoöstrogene enthalten sind.
Inhalte im Überblick
Was sind Phytoöstrogene?
Der Begriff “Phytoöstrogen” setzt sich aus dem griechischen Wort “Phytos” (steht für “Pflanze”) und “Östroge” zusammen. Der Name „Phytoöstrogen“ leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet „pflanzliche Östrogene“. Die Wörter „Phyto-“ (von „phytón“, was Pflanze bedeutet) und „Östrogen“ (von „oestrogenes“, ein Hormon, das weiblichen Säugetieren Fruchtbarkeit verleiht) werden kombiniert, um die Herkunft und Wirkung dieser Stoffe zu beschreiben.
Östrogen gehört zu den Geschlechtshormonen im menschlichen Körper. Bei Frauen steuert es unter anderem den Monatszyklus und spielt daher eine wichtige Rolle für die Fortpflanzung, bei Männern steuert es den Knochen- und Fettstoffwechsel und ist wichtig für die Gesundheit der Prostata und Gefäße sowie für die „Fruchtbarkeit.
Phytoöstrogene bzw. Pythoestrogene sind sekundäre Pflanzenstoffe wie zum Beispiel Isoflavone und Lignane, denen eine Wirkung nachgesagt wird, die dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ähnlich ist. Phytoöstrogene sind zwar keine Östrogene, wie sie im menschlichen Körper vorkommen, aber sie besitzen ähnliche strukturelle Eigenschaften.
Aufgrund dieser ähnlichen Struktur können Phytoöstrogene an Östrogenrezeptoren im Organismus andocken, sich an sie binden und sie entweder aktivieren oder blockieren. Und so können sie eine östrogene und eine antiöstrogene Wirkung entfalten, die jedoch im Vergleich zum Hormon Östrogen deutlich geringer ausfällt.
Phytoöstrogene kommen als natürliche, sekundäre Pflanzenstoffe in mehr als 300 Pflanzen vor. Hinter sekundären Pflanzenstoffen, die natürlicherweise in Lebensmitteln wie Obst, Gemüse und Nüssen stecken, verbergen sich unterschiedliche Gruppen von Farb-, Aroma- und Abwehrstoffen, wie zum Beispiel die Gruppe der Polyphenole.
Drei Klassen von Phytoöstrogenen:
Ernährungswissenschaftler:innen unterscheiden bei Phytoöstrogenen drei Strukturklassen, wobei die ersten beiden Polyphenol-Gruppen – die Isoflavone und Lignane – die wichtigsten sind, denn sie ähneln in ihrer Struktur der wirksamen, natürlichen Form des Östrogens (17-ß-Östradiol):
- Isoflavone stecken reichlich in Soja und Hülsenfrüchten wie Kichererbsen, Bohnen und Linsen.
- Lignane kommen in ölhaltigen Samen (Leinsamen) und Vollkorngetreide, Früchten und Gemüse vor.
- Coumestane: Alfalfasprossen, Rotklee, Spinat und Brokkoli sind gute Lieferanten.
Die Coumestane kommen in der pflanzlichen Ernährung in geringer Dosis vor und werden, wie Isoflavone und Lignane, erst im Darm verstoffwechselt und verfügbar gemacht. Wie gut die Coumestane im Darm in biologisch aktive Phytoöstrogene umgewandelt und wirksam werden, hängt immer auch vom Zustand des Darms und der Darmflora ab. Hier kann es zu individuellen Unterschieden kommen.
Es gibt noch die Polyphenol-Gruppe der Stilbene, die ebenfalls zu den Phytoöstrogenen gehören und als Resveratrol in Erdnüssen oder in den Schalen von roten Weintrauben und damit in Rotwein stecken.
Gut zu wissen: Wie hoch der Gehalt an Phytoöstrogenen in den Pflanzen wirklich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel vom Klima, wie die Pflanzen kultiviert und verarbeitet wurden, vom Zeitpunkt der Ernte und der Lagerung.
Wie wirken Phytoöstrogene?
Phytoöstrogene wirken ähnlich wie das körpereigene Hormon Östrogen, denn sie können an die Östrogenrezeptoren andocken, sie aktivieren oder blockieren. Dadurch entfalten sie eine östrogene Wirkung und können den Östrogenspiegel leicht beeinflussen. Phytoöstrogene wirken jedoch nicht so stark wie körpereigene Östrogene. Phytoöstrogenen wird außerdem eine antioxidative Wirkung nachgesagt, die sich positiv zum Beispiel auf den Schutz von Herz und Kreislauf auswirkt.
Die möglichen Wirkungen von Phytoöstrogenen auf unseren Körper sind nach wie vor nicht eindeutig in wissenschaftlichen Studien mit Frauen belegt. Vermutet werden positive Wirkungen auf typische Beschwerden in den Wechseljahren, auf das Herz-Kreislauf-System (Arteriosklerose), bei Knochenschwund (Osteoporose), Prostatavergrößerung, Depressionen, Stress, sowie auf die Haut.
Was sagt die Wissenschaft?
Die wissenschaftlichen Studien zur Wirkung von Phytoöstrogenen auf unsere Gesundheit ist oft nicht aussagekräftig, weil es zu wenig Teilnehmer:innen gab, Studien nur an Tieren erfolgten oder aufgrund des schwankenden Gehalts an Phytoöstrogenen in Lebensmitteln, der abhängig vom Klima oder Reifegrad ist. Trotzdem gilt es als wahrscheinlich, dass Phytoöstrogene eine positive Wirkung auf unseren Körper entfalten können, auch wenn weitere wissenschaftliche Studien zur Bestätigung noch fehlen. Zu den potenziellen positiven gesundheitlichen Vorteilen gehören:
- Krebsprävention: Einige Studien legen nahe, dass Phytoöstrogene das Risiko bestimmter Krebsarten, insbesondere Brust- und Prostatakrebs, senken können.
- Herz-Kreislauf-Gesundheit: Phytoöstrogene können wahrscheinlich die Blutfettwerte und den Cholesterinspiegel senken und zur Verbesserung Gefäßgesundheit beitragen.
- Knochengesundheit: Eine Folge oder Begleiterscheinung während und nach den Wechseljahren ist der Verlust der Knochendichte mit einem erhöhten Risiko für Osteoporose (Knochenschwund). Sinkt der Östrogenspiegel, geht auch der schützende Effekt der Knochenmasse verloren. Phytoöstrogene konnten in Tierversuchen den Prozess verlangsamen, bei Frauen wurde dieser Effekt in einer kleineren Studie nachgewiesen (100 mg Isoflavone/Tag).
- Linderung von Wechseljahresbeschwerden: Phytoöstrogene können Symptome wie Hitzewallungen und nächtliches Schwitzen mildern. Mehr dazu kannst Du im nächsten Abschnitt lesen.
Phytoöstrogene in den Wechseljahren (Klimakterium)
Das Interesse bei Frauen in den Wechseljahren ist groß: Anstelle einer Hormonersatztherapie (HET) lieber mit natürlicher Unterstützung durch Phytoöstrogene den Hormonspiegel auszugleichen und damit die Beschwerden in den Wechseljahren zu bändigen. Während der Wechseljahre sinkt unter anderem der Östrogenspiegel. Das ist ein ganz natürlicher Prozess im Leben einer Frau. Doch das hormonelle Durcheinander während des Klimakteriums kann mit verschiedenen Beschwerden einhergehen, die individuell unterschiedlich stark sind.
Während ein Drittel der Frauen die Zeit des Wandels ohne große Beschwerden durchlebt, leiden zwei Drittel der Frauen während dieser Zeit unter leichten, mittelschweren (30 Prozent) oder schweren (30 Prozent) Symptomen wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen, Nachtschweiß, Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen. Bei vielen Frauen, die nicht in der ersten Lebenshälfte (bis etwa zum 30. Lebensjahr) die Knochendichte ausreichend aufgebaut haben, besteht zudem ein erhöhtes Risiko für Knochenschwund (Osteoporose), wenn die Produktion der Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron nach und nach eingestellt wird.
Da Phytoöstrogene an die Östrogenrezeptoren im Körper binden und damit die östrogene Wirkung dezent beeinflussen können, können sie möglicherweise zur Linderung von typischen Wechseljahresbeschwerden beitragen. Folgende gesundheitliche Vorteile von Phytoöstrogenen in den Wechseljahren wurden berichtet:
- Linderung von Hitzewallungen und Schweißausbrüchen (Nachtschweiß)? Einige Studien deuten darauf hin, dass Isoflavone aus Lebensmitteln die Häufigkeit und Stärke der Beschwerden reduzieren können, während andere Studien keine oder sogar negative Effekte feststellen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat festgestellt, dass es keine ausreichend gesicherten Hinweise gibt, dass z. B. isolierte Soja-Isoflavone bei Wechseljahrsbeschwerden helfen.
- Verlangsamung des Knochenschwunds nach der Menopause: Die östrogenähnliche Wirkung von Phytoöstrogenen auf das Knochengewebe soll das Risiko für den Verlust der Knochendichte mindern.
- Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit: Die phytoöstrogene Wirkung kann den Cholesterinspiegel positiv beeinflussen und die Gefäßfunktion verbessern. Dadurch reduziert sich auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
- Abschwächung von Stimmungsschwankungen: Das Auf und Ab der Hormone kann auch für Chaos in der Gefühlswelt mitsamt Stimmungsschwankungen sorgen. Die vermehrte Zufuhr von Phytoöstrogenen in Lebensmitteln oder Präparaten soll zur Verbesserung der Stimmungslage führen, Ängste reduzieren und depressive Verstimmungen positiv beeinflussen.
- Verlangsamung der Hautalterung: Ein abnehmender Östrogenspiegel in den Wechseljahren führt u. a. auch zu einer reduzierten Bildung von dem Eiweiß Kollagen, das unsere Haut schön elastisch hält – damit der Stoffwechsel der Haut gut funktioniert. Wird zu wenig Kollagen gebildet, wird die Haut schlaffer und Falten entstehen. Einige Studien deuten darauf hin, dass die Einnahme von Isoflavonen aus Soja die Elastizität der Haut unterstützt und die Tiefe der Falten verringert.
Phytoöstrogene: Risiken und Nebenwirkungen?
Phytoöstrogene, die über eine ausgewogene Ernährung zugeführt werden, gelten als sicher. Noch keine Klarheit zur Langzeitwirkung hingegen besteht bei Präparaten, die Phytoöstrogene wie Isoflavone in konzentrierter, isolierter Form enthalten. Pflanzliche Östrogene als Nahrungsergänzungsmittel werden kontrovers diskutiert, was den Nutzen und die Risiken anbelangt.
Auf dem deutschen Markt sind Tagesdosen bis 100 Milligramm Isoflavone auf Sojabasis üblich und gelten als sicher. Befinden sich Frauen aber noch in den Wechseljahren, gibt die EFSA aufgrund der 2015 noch unzureichenden Studienlage noch keine klaren Empfehlungen. Seitdem wurde das Thema von offizieller Seite nicht mehr beleuchtet.
Vorsicht vor hoch dosierten Isoflavon-Präparaten
Bei höher dosierten Präparaten mit Phytoöstrogenen (also Nahrungsergänzungsmittel, die eine größere Konzentration an Phytoöstrogenen enthalten als sie normalerweise in der Nahrung vorkommen) besteht der Verdacht, dass sie möglicherweise krebserregend (hormonabhängige Krebsformen) sein könnten. Daher sollten Phytoöstrogene sicherheitshalber entweder in natürlicher Form im Rahmen einer pflanzenbasierten Ernährung zugeführt werden. Eine ausgewogene Ernährung mit Phytoöstrogenen hat außerdem den Vorteil, dass Du die Phytoöstrogene in Verbindung mit anderen wichtigen Nährstoffen aufnimmst und nicht isoliert.
Auch hier sind weitere Studien nötig, um das vorbeugende und therapeutische Potenzial von Phytoöstrogenen zu bestätigen.
Ernährung: In welchen Lebensmitteln stecken Phytoöstrogene?
Phytoöstrogene kommen in einer Vielzahl von pflanzlichen Lebensmitteln vor. Wie hoch der Gehalt an Phytoöstrogen in einem Lebensmittel ist, hängt immer auch von Sorte, Klima, Pflanzengesundheit, Erntezeit und Reifegrad ab. Während Coumestane kaum in der menschlichen Ernährung vertreten sind, finden sich Isoflavone und Lignane in verschiedenen pflanzlichen Lebensmitteln. Zu den bekanntesten Quellen gehören:
- Sojabohnen und Sojaprodukte: Sojabohnen sind reich an Isoflavonen. Tofu, Miso, Tempeh, Edamame (auch geröstet), Sojamilch und Sojajoghurt sind gute Quellen.
- Weitere Hülsenfrüchte: Kichererbsen, Linsen, Erbsen, Bohnen, Erdnüsse
- Samen: Leinsamen (enthalten hohe Mengen an Lignanen), Sesamsamen
- Vollkornprodukte: Hafer, Gerste und Roggen enthalten ebenfalls Lignane.
- Obst und Beeren: Pfirsiche, Erdbeeren, Cranberries
- Nüsse, Kerne und Samen: Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne
- Gemüse: grünes Blattgemüse, Brokkoli, Kürbis
Interessant: Miso oder Tempeh sind fermentierte Produkte aus Soja. Bei dem Prozess der Fermentation kann die Konzentration der Phytoöstrogene in Lebensmitteln erhöht und die Bioverfügbarkeit verbessert werden.
Miso, Tempeh, Tofu oder Sojadrinks – Soja gilt als die wichtigste Quelle für Phytoöstrogene. Sojaprodukte enthalten insbesondere Isoflavone. Die Bioverfügbarkeit, also in welcher Konzentration Phytoöstrogene über die Nahrung ins Blut gelangt und verwertet werden kann, ist bei fermentierten Sojabohnen höher.
Einzelne Studien kamen zu dem Ergebnis, dass die in Soja enthaltenen Isoflavone eine positive Wirkung auf das Wohlbefinden in den Wechseljahren entfalten können, zum Beispiel bei Hitzewallungen. Zudem sollen sie das erhöhte Risiko für Osteoporose in den Wechseljahren verringern.