Das ist Atmung für mich: Interview mit Trainerin Monika „Momo“ Mootz
Atmung ist weit mehr als ein rein körperlicher Vorgang – sie verbindet Körper, Geist und Seele. Gerade in stressreichen Zeiten kann sie ein Schlüssel zu innerer Ruhe und Gelassenheit sein. Im Gespräch mit der Entspannungspädagogin Monika Mootz erfahren wir, wie sie persönlich den Zugang zur Kraft der Atmung gefunden hat.
Inhalte im Überblick
- Wann bist Du dem Thema Atmung zum ersten Mal bewusst begegnet?
- Was verbindet Dich bis heute mit dem Thema?
- Was ist für Dich das Wesentliche an der Atemarbeit?
- Was würde sich Deiner Meinung nach verändern, wenn mehr Menschen sich mit ihrer Atmung beschäftigen würden?
- Was ist Deine zentrale Erkenntnis zum Thema Atmung?
- Wie lebst Du das Thema im Alltag – und wie gibst Du es weiter?
Wann bist Du dem Thema Atmung zum ersten Mal bewusst begegnet?
Ganz ursprünglich? Mit meinem ersten Atemzug – wenn auch natürlich noch unbewusst. Bewusst wurde mir die Kraft des Atems 1980 während meiner einjährigen Massageausbildung an der Fachschule für alternative Medizin in Berlin. Wir durften das Curriculum damals selbst mitgestalten – im Konsensverfahren. Ein Gruppenmitglied brachte das Thema „Atemtherapie nach Prof. Ilse Middendorf“ ins Spiel. Meine erste Reaktion? Skepsis: „Ich bin 27, habe kein Asthma, keine Bronchitis – wozu also Atemtherapie?“ Aber genau dieser Impuls öffnete mir eine völlig neue Weltwahrnehmung.
Ich traf später auf Frieda Goralewski, die mit über 90 noch Körper- und Atemarbeit unterrichtete – eine Begegnung, die mich tief geprägt hat.
Was ist für Dich das Wesentliche an der Atemarbeit?
Die Einfachheit. Der Atem ist immer da. Sobald ich den Fokus auf ihn richte, bin ich im Moment – ganz im Jetzt. Das schafft Verbindung, Klarheit, Ruhe, Energie. „Der Atem kann beruhigen, entspannen, stabilisieren – und neue Kraft wecken.“
Was verbindet Dich bis heute mit dem Thema?
Eine lebenslange, innige Beziehung. Der Atem begleitet mich durch alle Höhen und Tiefen, gibt mir Halt und öffnet mir gleichzeitig den Raum – innen wie außen. Es fasziniert mich bis heute, wie uns der Atem auf so einfache Weise mit uns selbst verbinden kann.
Was würde sich Deiner Meinung nach verändern, wenn mehr Menschen sich mit ihrer Atmung beschäftigen würden?
Ich bin überzeugt, dass ein achtsamerer Umgang mit sich selbst – und damit auch mit anderen – entstehen würde. Mehr Gelassenheit, weniger Angst. Die Qualität unseres Atems wirkt tief auf unser gesamtes System – körperlich, seelisch, geistig.
Was ist Deine zentrale Erkenntnis zum Thema Atmung?
Der Atem ist das Grundlebensmittel unseres Daseins. Er ist unsere Eintrittskarte ins Leben – und unsere Austrittskarte. Lateinisch spiritus heißt nicht umsonst: Atem, Geist, Lebenshauch. Auch im Sanskrit zeigt sich diese Verbindung: Atman – das Selbst, die innere Essenz – ist mit dem deutschen „Atem“ verwandt.
Mich berührt diese spirituelle Dimension sehr. Denn der Atem ist viel mehr als eine bloße Körperfunktion – er ist Ausdruck unseres Seins. Und: „Die Kunst des langen Lebens ist die Kunst des langen Atems.“
Wie lebst Du das Thema im Alltag – und wie gibst Du es weiter?
Seit über 40 Jahren vergeht kein Tag, an dem ich nicht zwischendurch ganz selbstverständlich in den Kontakt mit meinem Atem gehe. Atemübungen haben mir durch unruhige Nächte geholfen, und auch medizinisch wurde mir öfter attestiert: „Ihre Lungenwerte sind bemerkenswert!“ – obwohl ich keinen Sport treibe. Meine Antwort: „Nein, ich atme nur.“
In all meinen Seminaren bildet der Atem die Grundlage für ein besseres Körpergefühl, für mehr Selbstwahrnehmung und Präsenz. Ob in der Entspannungspädagogik, der Achtsamkeitspraxis oder in der Sterbebegleitung – der Atem bringt uns in Verbindung mit dem Leben. Und das berührt Menschen. Tief.


